My near philosophical musings about the world in general its problems and possible ways out.

2012-05-13

Eine radikal Europäische Bewegung


Immanuel Kant
Eine radikale europäische Bewegung? Ja, genau! So etwas, so denken wir, brauchten wir jetzt. Aber warum radikal, warum europäisch? Warum Bewegung? Ok, hier die Antworten − der Reihe nach.

1 Warum radikal?

Wir befinden uns in einer Zeit, die Merkmale einer Zeitenwende trägt. Auf eine Vielzahl neuer und alter Fragen passen die alten Antworten nicht mehr. In der Tagespolitik beobachten wir zunehmend eine Ratlosigkeit, eine Hilflosigkeit. Ganz offensichtlich reichen die alten politischen Konzepte nicht mehr aus. Oder werden sie nur nicht mehr richtig verstanden?

Wenn es aber fundamentale Verschiebungen gibt, hilft es vielleicht, einmal fundamental neu nachzudenken. Wir wollen radikal neue Antworten von wenigen philosophischen Grundüberzeugungen ableiten.

Radikal? Das hatten wir doch schon einmal. Stimmt, hier: radikal. Das müssen wir mithin nicht widerholen. Für die Umsetzung im sogenannten Tagesgeschäft müssen wir uns dafür nicht "Radikalinsiki-Methoden" bedienen. Radikal aber ist dieser Ansatz allemal.

2 Warum Europäisch?

Die Gegenfrage könnte lauten: "Warum nicht gleich global agieren? Die Probleme, denen diese, unsere Welt gegenüber steht sind nur noch global zu lösen."

Das stimmt wohl. Staaten, die nicht gerade das weltpolitische Gewicht von China, Indien oder den USA haben, werden wohl wenig Einfluss haben. Aber zum einen ist die Idee, eine europäische Bewegung ins Leben zu rufen, bereits größenwahnsinnig genug.

Zum anderen gibt es etwas spezifische Europäisches, das wertvoll genug ist, um zum Programm erklärt zu werden: die, auf die Denker der Aufklärung zurückgehenden, Gedanken der bürgerlichen Rechte, Freiheit, Gleichheit und − hmmm − mit der Brüderlichkeit wird es schon schwieriger. Gewaltenteilung und Trennung von Staat und Kirche, Liberalität, Demokratie aber sind Grundwerte europäischen Ursprungs. Sie gilt es, wenigstens in Europa, radikal neu durchdacht, neu anzuwenden.

Damit wir nicht doch noch in selbstverschuldeter Unmündigkeit enden.

Wo soll dieses Europa enden? Am Bosporus, am Ural, oder gar an der Weichsel? Es ist nach den bisher geäußerten Gedanken nur konsequent, Europa als philosophisches Markenzeichen zu sehen. Jeder, der zu den Grundprinzipien steht, darf sich der radikalen europäischen Bewegung anschließen.

Und wer das nicht übers Herz bringt − der bleibt eben draußen.

3 Warum Bewegung?

Die Frage lässt sich aufteilen in
  1. Warum eine neue Bewegung?
  2. Warum keine Partei?

3.1 Warum eine neue Bewegung?

Weil die aktuell die politische Szene bestimmenden, mehr oder weniger alten, Parteien die Antworten nicht haben.

Gehen wir sie einmal der Reihe nach durch.

Rechte Ultras:

Hier fällt die Abgrenzung am leichtesten. Nationalistische Blut- & Boden Bewegungen sind nicht von gestern, nein, von vor-vor-gestern. Auf so krudem Gedankengut, wie arischer Rasse, auserwähltem Volk oder sonstigen archaischen Volkstümeleien lässt sich keine aufgeklärte Gesellschaft aufbauen. Die Begleiterscheinungen der politischen Umsetzung solchen Gedankenguts haben sich bisher als äußerst hässlich erwiesen. Damit haben wir leider ausreichend Erfahrung.

Damit ist das Fazit klar: Die braune Ursuppe gehört in den Giftschrank.

Linke Ultras:

"Wer in seiner Jugend kein Kommunist war, hat kein Herz. Wer als Erwachsener noch Kommunist ist, hat keinen Verstand." Treffender lässt sich kaum anschaulich machen, dass politische Ansätze, die "gut gemeint" sind, genau das Gegenteil von "gut" bewirken können, wenn sie die Grundregeln des Funktionierens menschlicher Gesellschaften außer Acht lassen.

Mit linken Utopien haben wir ebenfalls ausreichend Erfahrungen, genug jedenfalls, um auch sie in das Museum verfehlter politischer Modelle zu verbannen.

Fazit: Ab ins Museum, damit spätere Generationen noch daraus lernen können!

C-Parteien:

Religion und Politik sollten nach unserer Auffassung strikt getrennt werden. Politik betrifft den öffentlichen Raum: die res publica, Religion muss Privatsache sein.

Damit sind konfessionelle Parteien ein Widerspruch in sich. Sie sind von gestern, in ihrer Wirkung brandgefährlich, mithin nicht wählbar.

Dazu geben sie sich konservativ. Weniger, dass sie versuchten zu bewahren, was schützenswert ist, unsere Lebensgrundlagen etwa, sondern eher versuchen sie überholte gesellschaftliche Vorstellungen (Stichwort "Herdprämie") und überkommende politische Strukturen zu konservieren. Besonders gilt das für die kleinere der beiden Schwestern, die das politische Konzert Deutschlands immer wieder durch ihre Grunztöne aus den Bayerischen Wäldern bereichert.

Fazit: Politik und Religion sind eine explosive Mischung. Finger weg - nicht wählbar.

S-Parteien:

Historisch interessant: Das war auch einmal eine internationale Antwort auf drängende internationale Probleme. Das "rote" oder "linke" Parteienspektrum, das sich sozial bis sozialistisch gibt, baut auf überkommenen gesellschaftlichen Gegensätzen auf, deren Grenzen zu verschwimmen beginnen.

In ihrem dualistischen Weltbild altorientalischer Tradition streiten immerdar zwei fundamentale verfeindetete Mächte, die ohne einander nicht existieren können: die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber − das Gute und das Böse eben.

Da die S-Parteien immer auf der Seite des Guten stehen, versuchen sie, einmal an der Macht, das Böse abzuschaffen − und mehr oder weniger konsequent durch den Staat zu ersetzen. Damit machen sie in der Regel alles noch viel schlimmer.

Klar, dass die S-Parteien in ihrem überzogenen Staatsverständnis immer wieder Schwierigkeiten haben, den regelsetzenden Staat und Akteure des Marktes auseinanderzuhalten.

Fazit: Die Welt ist nicht dual. Das S-Modell ist von gestern. Danke Genossen! Und der letzte mache bitte das Licht aus!

Liberale:

Der liberale Gedanke ist eine der wichtigsten und tragfähigsten philosophischen Grundströmungen Europas, eines der wenigen Europäischen Erzeugnisse, auf die wir wahrhaft stolz sein können.

Nur ist leider die Partei, die das liberale Banner in Deutschland noch hoch hält, inzwischen zu einer Karikatur verkommen. Dominiert von ehrgeizigen Karrierepolitikern ohne Inhalt und Bodenhaftung beschäftigen sie sich mit Fragen wie "Mövenpick begünstigen, ja oder nein?"

Die aktuellen politischen Fragen, die einen echten Liberalen umtreiben sollten, gehen derweil an ihnen vorbei. Sonst gäbe es vielleicht heute keine Piratenpartei.

Fazit: völlig abgewirtschaftet, vermutlich nicht mehr zu reparieren, schade eigentlich!

Grüne:

"Vereinszweck ist erfüllt, Verein darf sich auflösen." Könnte man bissig formulieren. Nicht dass die Welt plötzlich nachhaltig arbeitete. Nein, davon sind wir noch sehr weit entfernt. Das geht Vielleicht auch gar nicht ohne ganz radikale Weichenstellungen. "AKW nee!" und Aussteigerhöfe im Wendland: Im Punkt Schutz der Umwelt hatten die Grünen immer die richtigen Absichten, nicht aber die richtigen Antworten.

Heute sind sie im Tagesgeschäft angekommen, weder jung noch hungrig, sondern erkennbar satt und etabliert. Die älteren Parteien haben von dieser Ein-Produkt-Unternehmung die Programmpunkte kopiert und zwanglos in ihre Agenden integriert − schadet ja nix!

Und schließlich die Merkel'sche Energiewende nach der Fukushima-Katastrophe: Ein später Erfolg der Grünen vielleicht.

Fazit: Damit wäre der "Vereinzweck" wohl erfüllt.

Piraten:

Die Piratenpartei ist von allen noch die interessanteste Entwicklung: eine internationale Reaktion auf drängende internationale Probleme.

Die Erfindung, und vor allem die Anwendung, des Buchdrucks haben in der späteren Folge zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Verwerfungen geführt. Dieses Zeitenwendepotential hat auch das Internet. Gestartet als freies und völlig unreguliertes Medium hat es das Potential zur Orwell'schen Totalüberwachung des Menschen, wie auch zu seiner Befreiung. Für Beides gibt es Ansätze zu beobachten.

Es ist gut, dass sich die Piraten-Parteien dieses Themas angenommen haben. Es ist sehr verständlich, dass sie renitent zu werden, wenn sie aus dem digitalen Paradies vertrieben werden. Sie legen dankenswerterweise den Finger auf die Wunde.

Nur reicht das aus? Es fällt auf, dass die Piraten auf viele traditionelle politische Fragen noch nach Antworten suchen. Die aus dem Paradies Vertriebenen reiben sich noch die Augen und versuchen, sich in der cruel dirty world zu orientieren. Noch sind sie eine weitere one-product-company ohne feste moralische Basis.

Fazit: Vielleicht hilft es da, einmal radikal neu nachzudenken. Das wollen wir gerne für sie übernehmen.

3.2 Warum keine Partei?

Die etablierte Parteienlandschaft ist − bei allen internationalen Ansätzen − bisher eine rein nationale geblieben. Und Weniges ist so sehr national reglementiert, wie eben die Bildung und Führung politischer Partien. Und die Wahlen, zu denen diese Parteien antreten dürfen, finden ebenfalls nur auf nationaler Ebene statt. Die europäische "Union", dieses seltsame, halbherzig integrierte Gebilde hat eben eine nur sehr indirekte demokratische Legitimation als Basis.

Auf europäischer Ebene können wir also zunächst nur als eine meinungsbildende Bewegung wirken. Wenn wir uns aber wählen lassen wollen müssen wir doch wieder auf das Institut der Partei zurückgreifen − in "altbewährter Weise" durch Gründung vieler kleiner Parteien in vielen kleinen Staaten − bis es einmal ein demokratisch legitimiertes politisches Europa gibt.

4 Die Prinzipien

Schön, dann fehlt eigentlich noch der Inhalt, oder? Aber da verweisen wir zunächst nochmals auf den BLOG Post von vor zwei Jahren unter "Und was ist zu tun?". Viel ist noch nicht dazugekommen − aber das kann ja noch werden.

No comments: